dd. Wel­che Kon­kur­renz­pro­bleme stel­len sich?

(3) Wie ver­hält sich § 280 BGB zu § 122 BGB und § 179 BGB?

Auch im All­ge­mei­nen Teil gibt es An­spruchs­grund­lagen für Scha­denser­satzan­sprü­che we­gen falscher oder miss­ver­ständ­li­cher Äu­ße­run­gen, näm­lich § 122 Abs. 1 BGB (Scha­denser­satz bei ver­meint­li­cher Scherz­er­klä­rung oder wirk­sa­mer Irr­tumsan­fech­tung), § 179 Abs. 1 BGB (Scha­denser­satz bei Auf­tre­ten als Ver­tre­ter in Kennt­nis der feh­len­den Ver­tre­tungs­macht) und § 179 Abs. 2 BGB (Scha­denser­satz beim Auf­tre­ten als Ver­tre­ter ohne ent­spre­chende Kennt­nis).

Im Ge­gen­satz zu den An­sprü­chen aus § 280 Abs. 1 BGB set­zen diese An­spruchs­grund­lagen kein Ver­tre­ten­müs­sen im Sinne von § 276 Abs. 1 BGB vor­aus, sie grei­fen also ver­schul­den­su­n­ab­hän­gig.

An­ders als in § 311 Abs. 2 BGB, § 280 Abs. 1 BGB ist in § 122 Abs. 1 BGB und § 179 Abs. 2 BGB der An­spruch aus­drück­lich durch das po­si­tive In­ter­esse be­grenzt. Ob diese De­cke­lung auch für die c.i.c. gilt, ist um­strit­ten (dazu noch spä­ter).

Schließ­lich se­hen § 122 Abs. 2 BGB und § 179 Abs. 3 S. 1 BGB aus­drück­lich einen Aus­schluss (k­eine an­tei­lige Min­de­rung) der An­sprü­che vor, wenn der an­dere Ver­tragsteil nur auf­grund von Fahr­läs­sig­keit (§ 276 Abs. 2 BGB) keine Kennt­nis vom Scherz, vom Irr­tum oder von der feh­len­den Ver­tre­tungs­macht hat.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist um­strit­ten, ob die culpa in con­tra­hendo ne­ben § 122 Abs. 1 BGB bzw. § 179 Abs. 1 BGB bzw. § 179 Abs. 2 BGB an­wend­bar ist.

Eine An­sicht sieht § 122 Abs. 1 BGB und § 179 Abs. 1 BGB bzw. § 179 Abs. 2 BGB als ge­setz­lich (ab­schlie­ßend) ge­re­gel­ten Son­der­fall ei­ner vor­ver­trag­li­chen Pf­licht­ver­let­zung. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB wäre dem­nach als all­ge­meine Re­gel nicht an­zu­wen­den ("lex spe­cia­lis de­ro­gat legi ge­ne­ra­li").

  • Da­für spricht, dass § 122 Abs. 1 BGB und § 179 Abs. 2 BGB aus­drück­lich den Um­fang des Er­sat­zes be­gren­zen (der Ge­schä­digte soll höchs­tens so wie bei ord­nungs­ge­mä­ßer Er­fül­lung ste­hen), wäh­rend § 280 Abs. 1 BGB diese Be­gren­zung nicht kennt. Die par­al­lele An­wen­dung der bei­den Re­ge­lun­gen würde also den Ge­schä­dig­ten ent­ge­gen der aus­drück­li­chen Ent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers bes­ser stel­len.
  • Da­für spricht wei­ter, dass die c.i.c. (die § 311 Abs. 2 BGB re­gelt) his­to­risch aus ei­ner Ge­samtana­lo­gie zu § 122 Abs. 1 BGB und § 179 Abs. 2 BGB ent­wi­ckelt wur­de. Diese Ana­lo­gie wäre aber man­gels Re­ge­lungs­lücke nach frü­he­rem Recht aus­ge­schlos­sen ge­we­sen, so­weit die Re­ge­lun­gen un­mit­tel­bar An­wen­dung fan­den. Da der Ge­setz­ge­ber nur die frü­here Recht­spre­chung im Ge­setz ver­an­kern woll­te, müsste die­ser Aus­schluss auch nach heute noch Berück­sich­ti­gung fin­den.

Die Ge­gen­auf­fas­sung nimmt hin­ge­gen eine par­al­lele An­wend­bar­keit von § 280 BGB und § 122 Abs. 1 BGB bzw. § 179 Abs. 2 BGB an.

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