I. Was ist Wu­cher (§ 138 Abs. 2 BGB)?

1. Ver­drängt § 138 Abs. 2 BGB § 134 BGB iVm § 291 StGB?

Ne­ben dem zi­vil­recht­li­chen Nich­tig­keits­grund des § 138 Abs. 2 StGB stellt Wu­cher nach dem (ge­mäß § 18 Abs. 2 Nr. 4 JAPO nicht zu den Pf­licht­fä­chern ge­hö­ren­den) § 291 StGB auch eine Straf­tat dar, die Voraus­set­zun­gen der bei­den Re­ge­lun­gen un­ter­schei­den sich je­doch im De­tail.

Voraus­set­zun­gen von § 291 StGB

  1. Leis­tungs­be­zie­hung (Er­brin­gung ei­ner Leis­tung oder de­ren Ver­mitt­lung)
  2. Zwangs­lage, Uner­fah­ren­heit, Man­gel an Ur­teils­ver­mö­gen oder er­heb­li­che Wil­lens­schwä­che
  3. Aus­beu­tung der Schwä­che
  4. Ge­wäh­rung oder Ver­spre­chen von Ver­mö­gens­vor­tei­len, die ei­nem auf­fäl­li­gen Miss­ver­hält­nis zu der Leis­tung oder de­ren Ver­mitt­lung ste­hen.

Sub­jek­tiv ist die Ab­sicht (do­lus di­rec­tus I) der Er­zie­lung ei­nes über­mä­ßi­gen Ver­mö­gens­vor­teils er­for­der­lich, im Üb­ri­gen ge­nügt do­lus even­tua­lis

Die­ser Straf­tat­be­stand stellt ein Ver­bots­ge­setz im Sinne von § 134 BGB dar, das dem Tat­be­stand des § 138 Abs. 2 BGB sehr ähn­lich ist. Da­her ist frag­lich, wie sich diese bei­den Nich­tig­keits­gründe zu­ein­an­der ver­hal­ten. Die­sen Streit müs­sen Sie nicht im De­tail be­herr­schen, da § 291 StGB wie ge­sagt nicht zum Pf­licht­fach­stoff ge­hört.

Ei­ner­seits kann man § 138 Abs. 2 BGB um­fas­send Vor­rang vor § 134 BGB iVm § 291 StGB zu­spre­chen und so die An­wend­bar­keit von § 134 BGB aus­schlie­ßen. An­sons­ten wäre § 138 Abs. 2 BGB we­gen des weit­ge­hend de­ckungs­glei­chen An­wen­dungs­be­reichs prak­tisch be­deu­tungs­los.

Man kann frei­lich auch § 138 Abs. 2 BGB als be­son­dere Ausprä­gung der Sit­ten­wid­rig­keit als wer­tende Re­ge­lung an­se­hen. So­weit da­her ein spe­zi­el­les ge­setz­li­ches Ver­bot, wie z.B. § 134 BGB iVm § 291 StGB ein­greift, könnte man da­her die wer­tende Norm zu­rück­tre­ten las­sen. Dies ent­spricht etwa dem Ver­hält­nis der öf­fent­li­chen Si­cher­heit zur öf­fent­li­chen Ord­nung im Po­li­zei­recht.

An­de­rer­seits be­grün­den die bei­den Re­ge­lun­gen kei­nen Wer­tungs­wi­der­spruch. Da­her kann man § 138 Abs. 2 BGB und § 134 BGB iVm § 291 StGB ne­ben­ein­an­der an­wen­den; die Ein­heit der Rechts­ord­nung wird da­durch nicht in Frage ge­stellt. Ein Spe­zia­li­tätsver­hält­nis ist in­so­weit nicht er­sicht­lich.

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