5. Was um­fasst das "Ver­tre­ten­müs­sen" (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB iVm §§ 276 ff. BGB)?

f. Was ist ein Er­fül­lungs­ge­hilfe (§ 278 BGB)?

Nach § 278 S. 1 BGB haf­tet der Schuld­ner nicht nur für ei­ge­nes Ver­schul­den, son­dern muss sich auch das Ver­schul­den sei­ner Er­fül­lungs­ge­hil­fen und ge­setz­li­chen Ver­tre­ter "wie ei­ge­nes" zu­rech­nen las­sen. Die Re­ge­lung ist al­ler­dings nach § 278 S. 2 BGB dis­po­si­tiv - man kann also die Zu­rech­nung durch Ver­trag (nicht aber durch AGB, § 309 Nr. 7 BGB) voll­stän­dig aus­schlie­ßen.

Er­fül­lungs­ge­hilfe ist jede Per­son, die (wenn auch nur fak­tisch) mit Wis­sen und Wol­len des Schuld­ners bei der Er­fül­lung von Leis­tungs- (§ 241 Abs. 1 BGB) oder Rück­sicht­nah­me­pflich­ten (§ 241 Abs. 2 BGB) mit­wirkt.

Bei der An­wen­dung die­ser Norm gibt es ei­nige ty­pi­sche Feh­ler, die Sie un­be­dingt ver­mei­den soll­ten:

  1. Es muss kein Schuld­ver­hält­nis zwi­schen dem Schuld­ner und dem Er­fül­lungs­ge­hil­fen be­ste­hen, son­dern nur zwi­schen dem Gläu­bi­ger und dem Schuld­ner. Der Er­fül­lungs­ge­hilfe kann also z.B. auch ein Ver­wand­ter ohne jede ver­trag­li­che Be­zie­hung sein.
  2. Es muss keine kon­krete Wei­sung des Schuld­ners ge­gen­über dem Er­fül­lungs­ge­hil­fen in Be­zug auf den Gläu­bi­ger er­fol­gen. Der Er­fül­lungs­ge­hilfe kann viel­mehr auch ei­gen­ver­ant­wort­lich han­deln, so­lange er ge­ne­rell in die Pf­lich­ten ein­be­zo­gen ist. So muss ein Haus­meis­ter das Licht re­pa­rie­ren oder die Straße streuen - auch wenn ihm keine kon­krete Wei­sung er­teilt wur­de.
  3. Das Ver­schul­den wird nicht "weg­ge­rech­net" - der Er­fül­lungs­ge­hilfe bleibt sei­ner­seits ver­ant­wort­lich. Man­gels Son­der­be­zie­hung haf­tet er aber ge­gen­über dem Gläu­bi­ger nicht aus § 280 BGB (son­dern al­len­falls aus § 823 BGB).
  4. Die Zu­rech­nung be­wirkt nur, dass das Ver­schul­den des Er­fül­lungs­ge­hil­fen wie Ver­schul­den des Schuld­ners be­han­delt wird. So­weit die­ser nur für grobe Fahr­läs­sig­keit und Vor­satz oder so­gar nur für Vor­satz haf­tet, scha­det ihm also ein­fa­che Fahr­läs­sig­keit des Er­fül­lungs­ge­hil­fen nicht.
  5. § 278 S. 1 BGB um­fasst, an­ders als der Wort­laut ("Der Schuld­ner hat ein Ver­schul­den (...) in glei­chem Um­fang zu ver­tre­ten") viel­leicht ver­mu­ten lässt, nicht nur die Zu­rech­nung von Vor­satz oder Fahr­läs­sig­keit des Ge­hil­fen, son­dern setzt im­pli­zit vor­aus, dass auch des­sen Hand­lun­gen oder Un­ter­las­sen zu­ge­rech­net wer­den kön­nen. Denn auch dem Ge­hil­fen kann man vor­sätz­li­ches (wil­lent­lich und wis­sent­lich) oder fahr­läs­si­ges (un­ter Au­ßer­acht­las­sung der im Ver­kehr er­for­der­li­chen Sorg­falt, § 276 Abs. 2 BGB) Ver­hal­ten nur vor­wer­fen, wenn er über­haupt han­delt. Da­mit be­deu­tet die Zu­rech­nung des Ver­schul­dens denk­not­wen­dig, dass die­ses kon­krete Ver­hal­ten zu­zu­rech­nen ist. Dement­spre­chend müs­sen Sie im Rah­men von Rück­sicht­nah­me­pflicht­ver­let­zun­gen (§ 241 Abs. 2 BGB) die Re­ge­lung des § 278 S. 1 BGB be­reits in der Pf­licht­ver­let­zung er­ör­tern.
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