F. Was ist eine "Stö­rung der Ge­schäfts­grund­lage" (§ 313 BGB)?

IV. Wann ist das Fest­hal­ten am Ver­trag un­zu­mut­bar?

Nicht jede Ab­wei­chung vom Er­war­te­ten führt zu ei­ner Auf­he­bung des Ver­trages. Viel­mehr muss die ent­ste­hende Si­tua­tion für eine Par­tei "un­zu­mut­bar" sein. Da­bei müs­sen Sie die Gren­zen des Zu­mut­ba­ren (man spricht in­so­weit von der "Op­fer­grenze") im Ein­zel­fall fest­stel­len:

  • Auf der einen Seite sind Ver­tragspflich­ten ein­zu­hal­ten ("pacta sunt ser­van­da") und die Ver­bind­lich­keit des Ver­trages darf nicht leicht­fer­tig auf­ge­ge­ben wer­den. Hier ist ins­be­son­dere die ver­trag­li­che Ri­si­ko­ver­tei­lung (der Schuld­ner trägt das Be­schaf­fungs­ri­si­ko, der Gläu­bi­ger das Ver­wen­dungsri­si­ko) zu be­rück­sich­ti­gen.

Wer lang­fris­tig Heizöl zum Fest­preis ver­kauft, nimmt grund­sätz­lich das Ri­siko ei­ner Preis­s­tei­ge­rung in Kauf (da er auch von ei­ner Preis­sen­kung pro­fi­tier­t); er kann not­falls Vor­räte bil­den. Erst bei plötz­li­chen, un­vor­her­seh­ba­ren und ge­wal­ti­gen Preis­ex­plo­sio­nen (z.B. bei ei­nem Golf­krieg) kann man an § 313 BGB den­ken.

Bei Geld­leis­tun­gen ist grund­sätz­lich da­von aus­zu­ge­hen, dass die Ent­wer­tung zum Ri­siko des Gläu­bi­gers ge­hört ("Euro ist Eu­ro"). Wer dies ver­mei­den will, muss Wert­si­che­rungs­klau­seln ver­ein­ba­ren (da­für gibt es so­gar ein be­son­de­res Preis­klau­sel­ge­setz!). Eine Aus­nahme kann auch hier nur bei ra­di­ka­ler, un­vor­her­seh­ba­rer und plötz­li­cher In­fla­tion an­ge­nom­men wer­den (etwa bei Krieg).

  • Auf der an­de­ren Seite soll ein Schuld­ner grund­sätz­lich nicht über­ra­schend in sei­ner Exis­tenz ge­fähr­det wer­den (Art. 1 GG, Art. 2 GG). Ein In­diz ist ein Wert­ver­lust der Ge­gen­leis­tung um 150%.
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