c. Wann ist eine Anfechtung ausgeschlossen?
aa. Was ist eine Bestätigung (§ 144 BGB)?
Die Anfechtung ist nach § 144 BGB ausgeschlossen, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft von dem Anfechtungsberechtigten "bestätigt" wird. Bedeutung hat dies vor allem bei der Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung (§ 123 BGB), da ansonsten die Entscheidung zur Anfechtung ohnehin "unverzüglich" erfolgen muss (§ 121 BGB). Da jemand, der ursprünglich anfechten konnte, sein Anfechtungsrecht durch die Bestätigung endgültig verliert, sind bei der Auslegung (§ 133 BGB, § 157 BGB) an eine solche Erklärung hohe Anforderungen zu stellen. Im Zweifel liegt also in einer Äußerung oder einem Verhalten keine Bestätigung.
Die Bestätigung ist eine Willenserklärung, die auch bei formbedürftigen Rechtsgeschäften (etwa einem Grundstückskaufvertrag, § 311b Abs. 1 S. 1 BGB) formlos erfolgen kann. Inhalt dieser Willenserklärung ist die Entscheidung des Anfechtungsberechtigten, dass er trotz von ihm erkannter Möglichkeit zur Anfechtung an dem fraglichen Rechtsgeschäft festhalten möchte (also auf das Anfechtungsrecht verzichtet). Rein logisch kann die Bestätigung erst nach Abschluss des Rechtsgeschäfts erfolgen - denn erst dann kann der Anfechtungsgrund bekannt sein. Die Bestätigung ist ihrerseits nach § 142 Abs. 1 BGB anfechtbar, wenn sie auf einem Irrtum (§ 119 BGB), einem Übermittlungsfehler (§ 120 BGB) oder Täuschung bzw. Drohung beruht (§ 123 Abs. 1 BGB).
Umstritten ist, ob die Bestätigung empfangsbedürftig ist:
- Von einem Teil des Schrifttums wird die Bestätigung als nicht empfangsbedürftige Willenserklärung eingeordnet.
- § 144 BGB verlangt den Zugang der Bestätigung nicht ausdrücklich.
- Die Bestätigung erfolgt ausschließlich im Interesse des Anfechtungsgegners: Der die Bestätigung erklärende Anfechtungsberechtigte verliert hierdurch nur seine Anfechtungsbefugnis, ohne etwas dafür zu erlangen. Von diesem für ihn günstigen Glücksfall muss der Anfechtungsgegner nicht notwendig etwas wissen.
- Die Gegenansicht verlangt dagegen den Zugang der Bestätigung beim Anfechtungsgegner für deren Wirksamkeit (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB).
- Eine im Geheimen erklärte Bestätigung ist für den Empfänger wertlos: Dieser muss für seine weiteren Dispositionen wissen, ob das Rechtsgeschäft wirksam ist oder nicht (vgl. nur § 142 Abs. 2 BGB).
- Mangels abweichender Regelung ist im Zweifel von der Zugangsbedürftigkeit auszugehen.
Die Problematik lässt sich gut an einem Fall veranschaulichen:
Opa V weiß, dass sein Enkel K keine Geschenke annimmt. Daher spiegelt V dem K arglistig vor, dass ein alter Goldring nur ein Imitat ist, so dass der von ihm verlangte Kaufpreis von 100 € angemessen ist - tatsächlich ist der Ring 10.000 € wert. K kauft daraufhin den Ring von V. Den Ring schenkt (§ 516 BGB) er seiner langjährigen Verlobten F. Wenig später erfährt K vom Juwelier J, dem der Ring für eine Gravur übergeben wurde, den wahren Wert. Gegenüber F erklärt K kurzentschlossen, dass ihm der Wert egal sei, Hauptsache die F sei glücklich. F ruft noch am Abend den V an und teilt ihm dies mit. Zwei Tage später trifft K jedoch den V und erklärt kurzentschlossen diesem gegenüber die Anfechtung. V meint, K habe das Geschäft gegenüber F im Sinne von § 144 BGB bestätigt und könne daher nicht mehr anfechten. F ist empört, dass sie ihren Ring abgeben muss und fühlt sich von K getäuscht.
- Nimmt man an, dass die Bestätigung nicht empfangsbedürftig ist (erste Ansicht), ist das Anfechtungsrecht des K nach § 144 BGB ausgeschlossen. Seine Erklärung gegenüber V geht also ins Leere.
- Nimmt man hingegen Empfangsbedürftigkeit an (zweite Ansicht), hat die Aussage des K gegenüber F keine Relevanz für V. Sowohl der Kaufvertrag als auch die dingliche Einigung zwischen V und K sind daher aufgrund der Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB nichtig (Fehleridentität). F müsste den Ring an V herausgeben (§ 822 BGB) und könnte allenfalls von K nach § 280 Abs. 1 BGB iVm § 241 Abs. 2 BGB wegen der unzutreffenden Ankündigung, nicht anzufechten, Schadensersatz verlangen.