dd. Wel­che Kon­kur­renz­pro­bleme stel­len sich?

(4) Wie ver­hält sich § 280 BGB zu § 123 BGB?

Be­ruht ein Ver­trag auf ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung oder wi­der­recht­li­chen Dro­hung des Ver­tragspart­ners, kann er nach § 142 Abs. 1 BGB durch An­fech­tung end­gül­tig be­sei­tigt wer­den. Al­ler­dings stellt das Vor­spie­geln un­wah­rer Tat­sa­chen stets auch eine Auf­klä­rungs­pflicht­ver­let­zung dar; eine wi­der­recht­li­che Dro­hung ver­letzt schwer­wie­gend die Ent­schlie­ßungs­frei­heit. Dement­spre­chend liegt in bei­den Fäl­len eine Ver­let­zung der nach § 241 Abs. 2 BGB ge­bo­te­nen Rück­sicht­nahme auf die In­ter­es­sen des an­de­ren Teils vor, die nach § 280 Abs. 1 BGB zum Er­satz der dar­aus ent­stan­de­nen Schä­den führt. Nach § 249 Abs. 1 BGB ist im Wege der Na­tu­ral­re­sti­tu­tion der Zu­stand her­zu­stel­len, der ohne das schä­di­gende Er­eig­nis be­stand. Dann wäre aber der Ver­trag nicht ge­schlos­sen wor­den, so dass grund­sätz­lich aus § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm § 280 Abs. 1 BGB iVm § 249 Abs. 1 BGB ein An­spruch auf Auf­he­bung des un­güns­ti­gen Ver­trages folgt.

Ob die­ser An­spruch ne­ben § 123 BGB be­ste­hen kann, ist um­strit­ten:

Eine Auf­fas­sung lehnt dies ab. § 123 BGB re­gelt die Auf­he­bung von Ver­trägen ab­schlie­ßend.

Die Ge­gen­an­sicht be­jaht hin­ge­gen eine An­wen­dung von § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm § 280 Abs. 1 BGB ne­ben § 123 BGB.

  • Sie ver­weist dar­auf, dass § 123 BGB nur die Ent­schlie­ßungs­frei­heit, wäh­rend § 280 Abs. 1 BGB iVm § 249 ff. BGB ge­rade das Ver­mö­gen schützt. So­weit da­her ein Ver­mö­gens­ver­lust im Sinne der Dif­fe­renz­hy­po­these ein­ge­tre­ten ist, d.h. das Ver­mö­gen ei­ner Par­tei nach Ver­tragsschluss ob­jek­tiv ge­rin­ger als vor­her ist, kann Auf­he­bung des Ver­trages als Scha­denser­satz ver­langt wer­den. So­weit hin­ge­gen nur im­ma­te­ri­elle Schä­den ein­ge­tre­ten sind, also nur das In­ter­esse am "Wunsch­ver­trag" ver­letzt wur­de, schei­det eine Rück­ab­wick­lung als Scha­denser­satz aus. Voraus­set­zung ist da­her stets ein "rech­ne­ri­sches Mi­nus" nach Ver­tragsschluss.

Die letz­te­re, ins­be­son­dere vom BGH be­für­wor­tete An­sicht ist frei­lich mit § 241 Abs. 2 BGB, der ge­rade auch "In­ter­es­sen" (mi­t­hin die Ent­schlie­ßungs­frei­heit) schützt so­wie dem Um­stand, dass nach § 249 Abs. 1 BGB bei Rück­ab­wick­lung im Wege der Her­stel­lung des Zu­stan­des ohne das schä­di­gende Er­eig­nis (Na­tu­ral­re­sti­tu­tion) ge­rade nicht nur Ver­mö­gens­schä­den er­setzt wer­den, son­dern auch die im­ma­te­ri­el­len Fol­gen des Ver­trages be­sei­tigt wer­den, kaum zu ver­ein­ba­ren.

Sie haben diese Seite  besucht (zuletzt ).
32


Repetitorium BGB I lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.