A. Was bedeutet "Erfüllung" (§ 362 BGB)?
II. Was ist eine Leistung an Erfüllung statt (§ 364 BGB)?
Möglicherweise versucht der Schuldner das Interesse des Gläubigers auf eine andere Weise zu befriedigen als ursprünglich vereinbart. Nach § 364 Abs. 1 BGB führt dies nur dann zum Erlöschen der Leistungspflicht, wenn der Gläubiger die tatsächlich angebotene Leistung an Erfüllungs statt annimmt. Dabei handelt es sich eigentlich um eine Änderung des Vertrags (§ 311 Abs. 1 BGB) durch eine konkludente Einigung: Der Schuldner bietet offen eine andere Leistung als die geschuldete an und macht dadurch einen Antrag (§ 145 BGB). Diesen nimmt der Gläubiger an (§ 150 BGB), wenn er die Ersatzleistung akzeptiert und auf die Erfüllung der ursprünglichen Vereinbarung verzichtet.
Im Kapitalgesellschaftsrecht ist eine Leistung an Erfüllung statt für die Einlagepflicht der Gesellschafter bzw. Aktionäre ausgeschlossen - siehe § 54 Abs. 3 S. 1 AktG , § 5 Abs. 4 S. 1 GmbHG (§ 19 Abs. 4 GmbHG). Die darin liegende "verdeckte Sacheinlage" ist gelegentlich Klausurthema.
Die angenommene Leistung tritt an die Stelle der ursprünglich vereinbarten. Solange das Schuldverhältnis besteht, gewährt dieses einen Rechtsgrund für das Behalten des als Ersatz angenommenen Gegenstands im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Var. BGB.
In der Klausur kommt es dabei entscheidend auf eben diese Annahmeerklärung an. Sie müssen das Verhalten und ggf. die Äußerung des Gläubigers genau auslegen (§ 133 BGB, § 157 BGB). Im Zweifel wird er einen Grund gehabt haben, warum er gerade die ursprüngliche Leistung vereinbart hat. Die angenommene Sache kann also aus seiner Sicht auch schlicht als Sicherheit dienen oder nur dazu, eine Beschädigung oder Zerstörung zu verhindern.
Ein besonderer Fall der Möglichkeit einer Leistung an Erfüllung statt ist die Ersetzungsbefugnis des Schuldners, die wir im ersten Kapitel behandelt haben. Dabei liegt das Einverständnis in die potentielle Vertragsänderung bereits bei Vertragsschluss vor.