bb. Was sind wucherähnliche Geschäfte?
(1) Wann liegt ein "grobes Missverhältnis" vor?
Ein grobes Missverhältnis liegt in der Regel vor, wenn der Wert der erhaltenen Leistung rund doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung ist.
In einem solchen Fall wird die verwerfliche Gesinnung vermutet. Dieser Schluss auf die verwerfliche Gesinnung ist selbst dann berechtigt, wenn die benachteiligte Partei das Missverhältnis kannte. Denn aus dieser Kenntnis folgt nicht, dass die Vertragspartei in ihrer Entscheidung zum Abschluss des ungünstigen Vertrages wirklich frei ist.
K kauft von V ein Schloss, das einen Wert von 50.000 Euro hat, für 1,5 Mio. Euro. V hat den K auch arglistig über den baufälligen Zustand des Schlosses getäuscht. Muss K die Anfechtung erklären?
Liegt die Sittenwidrigkeit lediglich in der bloßen Täuschung, berechtigt dies nur zur Anfechtung nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit, § 142 Abs. 1 BGB; § 138 BGB wird als lex generalis verdrängt. Besteht die Sittenwidrigkeit darüber hinaus - wie vorliegend - jedoch (auch) in dem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, ist der Vertrag bereits nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig; einer zusätzlichen Anfechtung nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB bedarf es insoweit nicht.