IV. Was ist die Rechts­folge des Ver­sto­ßes ge­gen das Ver­bots­ge­setz?

4. Wie ist § 134 BGB von der recht­li­chen Un­mög­lich­keit ab­zu­gren­zen?

Wenn eine ge­setz­li­che Re­ge­lung ein be­stimm­tes Ver­hal­ten ver­bie­tet, ist die Er­fül­lung ei­nes auf die­ses Ver­hal­ten ge­rich­te­ten Ver­trages un­mög­lich (§ 275 Abs. 1, 2. Alt. BGB). Al­ler­dings be­stimmt § 311a Abs. 1 BGB, dass ein sol­cher Ver­trag wirk­sam ist. Da­mit stellt sich für das Ver­pflich­tungs­ge­schäft ein Kon­kur­renz­pro­blem zu § 134 BGB: Die­ser er­klärt Ver­träge, die auf eine ver­bo­tene Leis­tung ge­rich­tet sind, für nich­tig.

Selbst­kon­trol­l­auf­gabe: Stu­dent S gibt sich als An­walt aus und schließt mit Un­ter­neh­mer U einen Ver­trag, auf­grund des­sen S den U über alle Rechts­fra­gen be­ra­ten soll. Wie ist die Rechts­lage? Auf § 3 RDG wird hin­ge­wie­sen.

Ant­wort (bitte ankli­cken)

Der Ver­trag zwi­schen S und U könnte nach § 134 BGB nich­tig sein. Nach § 3 RDG ist die Be­ra­tung in Rechts­fra­gen nur mit staat­li­cher Er­laub­nis mög­lich. Dies ist ein Ver­bots­ge­setz und der Ver­trag wäre nach § 134 BGB nich­tig. Da­durch würde U al­ler­dings völ­lig schutz­los ge­stellt; Scha­denser­satzan­sprü­che kämen nur bei vor­sätz­li­cher sit­ten­wid­ri­ger Schä­di­gung (§ 826 BGB) in Be­tracht. Nimmt man an, dass sich S zu ei­ner recht­lich un­mög­li­chen Leis­tung ver­pflich­tet hat, würde er hin­ge­gen aus § 311a Abs. 2 BGB auf Scha­denser­satz haf­ten. Die Lö­sung die­ses Kon­flikts ist um­strit­ten:

Ei­ner­seits wird § 134 BGB als vor­ran­gige Re­ge­lung er­ach­tet.

Ar­gu­ment: Nur so wird der Zweck des Ver­bots­ge­set­zes (Nicht­durch­füh­rung un­er­wünsch­ter Rechts­ge­schäfte) um­fas­send ge­währ­leis­tet. § 134 BGB ist für die recht­li­che Un­mög­lich­keit we­gen ei­nes Ver­bots­ge­set­zes lex spe­cia­lis zu § 311a Abs. 1 BGB.

Die Ge­gen­an­sicht will den Adres­sa­ten des Rechts­ge­schäfts schüt­zen und nimmt ein wirk­sa­mes Ver­pflich­tungs­ge­schäft an, das aber nach § 311a Abs. 2 BGB nur Scha­dens- und Auf­wen­dungser­satz­an­sprü­che nach sich zieht.

Ar­gu­mente:

  • § 311a Abs. 1 BGB stellt aus­drück­lich klar, dass auch an­fäng­lich ob­jek­tiv un­mög­li­che Rechts­ge­schäfte, d.h. auch Ge­schäf­te, de­ren Durch­füh­rung an ei­nem ge­setz­li­chen Ver­bot schei­tern, wirk­sam sein sol­len. Dies würde durch ex­ten­sive An­wen­dung von § 134 BGB un­ter­lau­fen wer­den.
  • § 311a Abs. 1 BGB wurde erst 2002 ein­ge­führt und weicht von der Fas­sung des BGB zur Zeit der Schaf­fung des § 134 BGB ab (nach § 306 BGB a.F. wa­ren sol­che Ver­träge eben­falls nich­tig). Als neuere Norm ver­drängt § 311a Abs. 1 BGB in sei­nem An­wen­dungs­be­reich § 134 BGB als äl­tere Norm.
  • Schließ­lich gibt es kei­nen Grund ei­ner gut­gläu­bigen Par­tei, die ihre Pf­licht er­fül­len kann, An­sprü­che auf Scha­denser­satz oder Auf­wen­dungser­satz nach § 311a Abs. 2 BGB zu ver­sa­gen. Diese ist viel­mehr schutz­wür­dig.
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