4. Kapitel: Warum können Verträge unwirksam sein?
B. Wann ist ein Rechtsgeschäft wegen Formverstoß nichtig (§ 125 BGB)?
Ein Rechtsgeschäft ist nach § 125 S. 1 BGB nichtig, wenn eine gesetzlich angeordnete Form nicht eingehalten wurde. Es handelt sich um eine rechtshindernde Einwendung, die unter "Anspruch entstanden" zu diskutieren ist und vor Gericht von Amts wegen geprüft wird.
V verkauft sein Grundstück an K. Der Kaufvertrag (§ 433 BGB) wird lediglich per Handschlag besiegelt. Ist der Kaufvertrag wirksam?
Nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB muss die Verpflichtung, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, notariell beurkundet werden (vgl. § 128 BGB). Ein per Handschlag besiegelter Vertrag erfüllt dieses Formerfordernis nicht. Der Kaufvertrag ist daher nach § 125 S. 1 BGB nichtig.
Nach § 125 S. 2 BGB sind außerdem im Zweifel Rechtsgeschäfte nichtig, die gegen eine von den Parteien vereinbarte Form verstoßen. Solche Klauseln finden sich insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen und in Allgemeinen Geschäftsbedingungen häufig. In Klausuren kommt es oft auf die Unterscheidung zwischen qualifizierten und einfachen Schriftformklauseln an (dazu mehr später in diesem Kapitel).
Diskutieren Sie die Form des Rechtsgeschäfts nur, wenn Sie eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung im Sachverhalt finden oder wissen, dass eine bestimmte Form für das betroffene Geschäft im Gesetz angeordnet ist. Im Normalfall müssen Sie § 125 BGB nicht erwähnen. Selbst wenn ein Rechtsgeschäft tatsächlich eine bestimmte Form erfüllt (etwa ein schriftlicher Kaufvertrag über ein Auto), sprechen Sie dies nicht an, da insoweit mangels Vereinbarung oder gesetzlicher Anordnung eine Unwirksamkeit wegen Formverstoß nach § 125 BGB ohnehin nicht in Betracht kommt.