1. Was sind Handelsbräuche (§ 346 HGB)?
e. Welche Beispiele für Handelsbräuche gibt es?
Handelsbräuche sind sehr selten ein Thema in Klausuren. Da Sie nämlich kein Kaufmann sind und auch kein Gutachten der IHK einholen können, muss die Praxis der Kaufleute im Detail beschrieben werden. Das sprengt in der Regel den Rahmen des Tatbestandes. Folgende Konstellationen sollten Sie schon einmal gehört haben (ohne irgendwelche Details wissen zu müssen):
- Eine der potentiellen Grundlagen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist ein Handelsbrauch. Da die Anwendbarkeit freilich heutzutage darüber hinaus auch auf andere Unternehmer im Sinne von § 14 BGB erstreckt wird (die nicht durch Handelsbräuche gebunden sind), liegt die Annahme von Gewohnheitsrecht näher.
- Gelegentlich Thema in Klausuren war die Stornierungspraxis für von Reiseanbietern reservierten Hotelzimmern. Hier gibt es (jedenfalls in manchen Gegenden) eine Praxis, die eine Stornierung durch den Veranstalter jedenfalls bis eine Woche vor Anreise gegen vollständige Rückzahlung des Entgelts erlaubt.
- Insbesondere im internationalen Handel ist die Risikoverteilung beim Transport von Waren hoch relevant. Die sich insoweit entwickelten Handelsbräuche wurden von der Internationalen Handelskammer (ICC) in Paris erstmals 1936 zusammengefasst und als "Incoterms" (International Commercial Terms) standardisiert. Das entsprechende privatrechtliche Regelwerk wirkt, soweit darauf Bezug genommen wird, als AGB - auf § 346 HGB (und § 310 Abs. 1 S. 2 BGB) kann man sich nur berufen, soweit wirklich nur der typische Ablauf im Sinne des vorgefundenen Handelsbrauchs verschriftlicht wurde. Da die Incoterms auch urheberrechtlich geschützt sind (§ 5 Abs. 2 UrhG) müssen Sie deren Inhalt nicht kennen und können sie auch in einer Klausur nicht erwarten.
Der Incoterm "FOB" ("Free On Board") verpflichtet den Verkäufer, den Transport bis zum Schiff zu finanzieren, während der Käufer den Transport ab Zielhafen bezahlen muss. Der Gefahrübergang findet an der Reling statt. Der Verkäufer muss die Ware auf dem Transport nicht versichern.
Der Incoterm "CIF" ("Cost Insurance Freight") besagt demgegenüber, dass der Verkäufer alle Transportkosten bis zum Zielhafen zu tragen hat. Er muss zudem die Ware versichern. Der Gefahrübergang findet bei Verladung statt.