C. Was ist ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB, § 320 BGB)?
I. Was setzt § 273 Abs. 1 BGB voraus?
Das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 1 BGB hat sechs Voraussetzungen:
- Gegenseitigkeit: Der Schuldner muss einen Anspruch gegen den Gläubiger haben und umgekehrt der Gläubiger einen Anspruch gegen den Schuldner (wie bei der Aufrechnung). Unschädlich ist, dass auf einer Seite mehrere Personen berechtigt sind.
- Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Gegenanspruchs: Der Anspruch des Schuldners muss (ebenfalls wie bei der Aufrechnung) durchsetzbar und fällig sein. Ohne Bedeutung für diese Voraussetzung ist selbstverständlich das Zurückbehaltungsrecht des Gläubigers aus § 273 BGB, da die Regelung sonst ins Leere laufen würde. Ähnlich wie bei der Aufrechnung ist zudem die Verjährung unbeachtlich, wenn die Ansprüche sich zumindest für eine juristische Sekunde unverjährt gegenüberstanden (§ 215 BGB). Für den Gegenanspruch des Gläubigers gibt es keine Voraussetzungen.
- Keine Gleichartigkeit: Die Ansprüche dürfen nicht gleichartig sein, da sonst die Aufrechnung vorrangig ist (§ 387 BGB).
- Kein Fall von § 320 Abs. 1 BGB: Die Ansprüche dürfen nicht die Hauptleistungspflichten aus einem einheitlichen gegenseitigen Vertrag sein, da insoweit § 320 Abs. 1 BGB die vorrangige Spezialregelung darstellt.
- Selbes rechtliches Verhältnis: Die Ansprüche müssen auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen. Damit ist nicht etwa dasselbe Rechtsgeschäft gemeint, sondern es genügt ein wirtschaftlicher oder inhaltlicher Zusammenhang. Das ist etwa bei einer ständigen Geschäftsbeziehung der Fall.
- Kein Ausschluss: Das Zurückbehaltungsrecht darf nicht durch Vereinbarung oder Gesetz ausgeschlossen sein. Ein Ausschluss besteht für die Rückgabe von Vollmachtsurkunden (§ 175 BGB) und die Rückgabe der Mietsache (§ 570 BGB). Zudem findet u.a. § 393 BGB analoge Anwendung auf das Zurückbehaltungsrecht. Ein Ausschluss durch AGB ist nach § 309 Nr. 2b BGB nicht möglich.
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