VI. Was gilt für die Ge­gen­leis­tungs­pflicht (§ 326 BGB)?

4. Wel­che an­de­ren Ge­fahrt­ra­gungs­re­ge­lun­gen sollte man ken­nen?

Ne­ben § 326 Abs. 2 BGB ist ein Über­gang der Ge­gen­leis­tungs­ge­fahr (manch­mal auch "Preis­ge­fahr" ge­nannt) auch in ei­ni­gen an­de­ren Nor­men des be­son­de­ren Schuld­rechts an­ge­ord­net:

  • Im Kauf­recht ord­net § 446 S. 1 BGB an, dass ein Un­ter­gang oder eine Ver­schlech­te­rung nach Über­gabe (selbst wenn dies vor der eben­falls ge­schul­de­ten Über­eig­nung er­folgt - na­ment­lich bei ei­nem Ei­gen­tums­vor­be­halt im Sinne von § 449 Abs. 1 BGB, bei dem die Ei­gen­tums­über­tra­gung nach § 158 Abs. 1 BGB auf­schie­bend be­dingt ist) die Ge­gen­leis­tungs­pflicht nicht mehr be­ein­flusst. Dies er­wei­tert § 446 S. 3 BGB auf den Fall, dass der Käu­fer im An­nah­me­ver­zug ist (was sich aber oh­ne­hin aus § 326 Abs. 2 S. 1 BGB er­gib­t).
  • Klau­sur­re­le­vanz hat auch die Re­ge­lung des § 447 Abs. 1 BGB: Da­nach muss der Käu­fer, so­weit ein Ver­sen­dungs­kauf ver­ein­bart ist, den Kauf­preis auch dann be­zah­len, wenn der Ver­käu­fer die Sa­che ei­ner Trans­port­per­son über­ge­ben hat und die Sa­che vor der Über­gabe an den Käu­fer un­ter­geht. Er­for­der­lich ist da­für eine vom Ver­käu­fer un­ab­hän­gige Trans­port­per­son so­wie eine ord­nungs­ge­mäße Ver­pa­ckung, Adres­sie­rung und Ver­la­dung und die Be­fol­gung et­wai­ger Son­der­wei­sun­gen des Käu­fers. Bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf gilt dies frei­lich nur un­ter den ein­schrän­ken­den Vor­ga­ben des § 475 Abs. 2 BGB (vom Käu­fer selbst­stän­dig aus­ge­wählte und be­auf­tragte Trans­port­per­son), an­sons­ten muss der Käu­fer nach § 446 BGB nur zah­len, wenn die Ware ihm bzw. sei­nem Er­fül­lungs­ge­hilfen über­ge­ben wird.

V ver­kauft an K ein Smart­phone im Wert von 500 €, das per DHL an K ver­sandt wer­den soll. V ver­packt das Gerät ord­nungs­ge­mäß und über­gibt es dem DHL-Bo­ten. Auf dem Weg zu K ex­plo­diert der DHL-Trans­port we­gen ei­nes über­ra­schend her­ab­fal­len­den Sa­tel­li­ten und das Smart­phone wird zer­stört.

Die Er­fül­lung der Pf­licht zur Über­gabe und Über­eig­nung des dem DHL-Bo­ten über­ge­be­nen Smart­pho­nes (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB) ist für je­der­mann un­mög­lich ge­wor­den und des­halb er­lo­schen (§ 275 Abs. 1 BGB). Grund­sätz­lich ist da­mit auch nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB die Pf­licht zur Ge­gen­leis­tung, d.h. zur Kauf­preis­zah­lung (§ 433 Abs. 2 BGB) er­lo­schen. Je­doch ist nach § 447 Abs. 1 BGB die Ge­fahr trotz Un­mög­lich­keit der Über­gabe und Über­eig­nung be­zah­len zu müs­sen (Preis­ge­fahr) ab­wei­chend von § 446 S. 1 BGB be­reits auf K über­ge­gan­gen, so­bald der Ver­käu­fer die Sa­che dem Spe­di­teur, dem Fracht­füh­rer oder der sonst zur Aus­füh­rung der Ver­sen­dung be­stimm­ten Per­son oder An­stalt aus­ge­lie­fert hat. Da­her muss K be­zah­len, ob­wohl er das Gerät nicht er­hält. Dies gilt nach § 475 Abs. 2 BGB je­doch nicht, wenn ein Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 Abs. 1 S. 1 BGB) vor­liegt und (wie im Re­gel­fall) nicht der Käu­fer, son­dern der Ver­käu­fer den Spe­di­teur, den Fracht­füh­rer oder die sonst zur Aus­füh­rung der Ver­sen­dung be­stimmte Per­son oder An­stalt mit der Aus­füh­rung be­auf­tragt hat und der Un­ter­neh­mer dem Käu­fer diese Per­son oder An­stalt nicht zu­vor be­nannt hat. Da­her bleibt es beim Ver­brauchs­gü­ter­kauf re­gel­mä­ßig bei der An­wen­dung des § 446 S. 1 BGB, wo­nach die Preis­ge­fahr erst mit Über­gabe an K über­geht.

  • Ist eine Nach­leis­tung im Rah­men ei­nes Dienst­ver­tra­ges mög­lich (liegt also aus­nahms­weise kein ab­so­lu­tes Fix­ge­schäft im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB vor), bleibt bei An­nah­me­ver­zug nach § 615 S. 1 BGB trotz Nich­ter­brin­gung und feh­len­der Nach­ho­lung die Ver­gü­tungs­pflicht er­hal­ten. § 615 S. 3 BGB er­wei­tert dies auf die Fälle des Be­triebs­ri­si­kos.
  • Im Werk­ver­trag geht die Preis­ge­fahr nach § 644 Abs. 1 S. 2 BGB mit An­nah­me­ver­zug des Be­stel­lers auf die­sen über. Wei­ter­ge­hend be­stimmt § 645 Abs. 1 BGB, dass der Wer­kun­ter­neh­mer einen Teil der ge­schul­de­ten Ge­gen­leis­tung ver­lan­gen kann, wenn das Werk we­gen feh­ler­haft ge­lie­fer­ter Stoffe oder An­wei­sun­gen nicht wie ge­schul­det er­bracht wer­den kann. Schließ­lich re­gelt § 642 Abs. 1 BGB einen von der Ge­gen­leis­tung un­ab­hän­gi­gen Ent­schä­di­gungs­an­spruch bei feh­len­der Mit­wir­kung des Be­stel­lers.
  • Im Miet­recht be­stimmt § 537 Abs. 1 S. 1 BGB, dass die feh­lende Ge­brauchs­mög­lich­keit der Miet­sa­che auf­grund von in der Per­son des Mie­ters lie­gen­den Grün­den nicht zum Un­ter­gang der Miet­zah­lungs­pflicht führt.
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