1. Kapitel: Welche Pflichten folgen aus Schuldverhältnissen?
C. Welche Bedeutung hat § 242 BGB?
Das Gebot der Berücksichtigung von Treu und Glauben ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der an § 242 BGB festgemacht wird. Der Wortlaut der Regelung ist freilich viel enger - er bezieht sich nur auf den Schuldner und die Erbringung der Leistungspflicht. Dennoch schadet es nicht, die Norm in der Klausur zu erwähnen, wenn sie eine anerkannte Fallgruppe aufwerfen.
Soweit nicht in der Klausur angelegt sollten Sie keinesfalls eine umfassende Ergebniskorrektur anhand von § 242 BGB versuchen ("Also hat X einen Anspruch gegen Y. Allerdings könnte dieser aufgrund des Gebots von Treu und Glauben nach § 242 BGB nicht zu gewähren sein."). Beschränken Sie sich auf anerkannte Fallgruppen!
Abzugrenzen ist § 242 BGB von der Auslegungsnorm des § 157 BGB (wonach bei der Vertragsauslegung stets Treu und Glauben zu beachten sind) und von den Rücksichtsnahmepflichten nach § 241 Abs. 2 BGB (die auch von Treu und Glauben geprägt sind). Ein besonderer Extremfall ist zudem in § 226 BGB (Rechtsmissbrauch) geregelt.
Die Anwendung von § 242 BGB kann einerseits als rechtshemmende Einrede (Einrede missbräuchlichen Verhaltens), andererseits als Auslegungsmaßstab (Verbot widersprüchlichen Verhaltens) und als Konkretisierung von Pflichten (Verbot der Leistung zur Unzeit) herangezogen werden.
Die jeweiligen Fallgruppen werden jeweils im Zusammenhang mit den einschlägigen Regelungskomplexen behandelt bzw. wurden bereits im Rahmen des BGB AT behandelt.