1. Wann ist die Frist­set­zung bei Rück­tritt we­gen Nicht- oder Schlecht­leis­tung ent­behr­lich?

Wel­che be­son­de­ren Gründe für die Ent­behr­lich­keit der Frist­set­zung gibt es im Kauf- und Werk­ver­trags­recht?

Ne­ben den in § 323 Abs. 2 BGB ge­re­gel­ten all­ge­mei­nen Fäl­len, in de­nen die Frist­set­zung ent­behr­lich ist, re­geln das Kauf- und Werk­ver­trags­recht je­weils weit­ge­hend wort­gleich drei zu­sätz­li­che Gründe in § 440 BGB bzw.§ 636 BGB, die im We­sent­li­chen § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB kon­kre­ti­sie­ren:

  • Nach § 439 Abs. 4 BGB bzw. § 635 Abs. 3 BGB, darf der Ver­käu­fer bzw. Wer­kun­ter­neh­mer die Nach­er­fül­lung ver­wei­gern, wenn sie mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten ver­bun­den ist. Da­mit der Käu­fer bzw. Be­stel­ler dann nicht für den vol­len Kauf­preis die man­gel­hafte Leis­tung be­hal­ten muss, darf er in die­sen Fäl­len (ähn­lich wie bei § 326 Abs. 5 BGB iVm § 275 Abs. 2 BGB) so­fort ohne Frist­set­zung zu­rück­tre­ten (§ 440 S. 1, 1. Var. BGB, § 636 1. Var. BGB).
  • Die Nach­er­fül­lung er­folgt durch Re­pa­ra­tur ("Nach­bes­se­rung") oder Er­satz­lie­fe­rung ("Nach­lie­fe­rung") - in bei­den Fäl­len kann aber auch da­nach die Leis­tung noch man­gel­haft sein. Im Fall der fehl­ge­schlage­nen Nach­er­fül­lung dür­fen der Käu­fer bzw. Be­stel­ler da­her ohne Frist­set­zung zu­rück­tre­ten, wenn der Ver­käu­fer bzw. Wer­kun­ter­neh­mer er­folg­los ver­sucht hat nach­zu­er­fül­len (§ 440 S. 1, 2. Var. BGB, § 636 Var. 2 BGB). Al­ler­dings be­stimmt § 440 S. 2 BGB, dass im Kauf­recht eine Nach­bes­se­rung (Re­pa­ra­tur) erst nach dem er­folg­lo­sen zwei­ten Ver­such als fehl­ge­schlagen gilt, wenn sich nicht aus den Um­stän­den et­was an­de­res er­gibt - im Werk­ver­trags­recht (§ 636 BGB) gibt es keine ent­spre­chende Pri­vi­le­gie­rung. § 440 S. 2 BGB gibt dem Ver­käu­fer aber kein Recht auf zwei Ver­su­che - es geht nur um die Ent­behr­lich­keit der Frist­set­zung, so dass beide Ver­su­che bis zum Ablauf ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist vor­ge­nom­men wer­den müs­sen.
  • Schließ­lich kann die Nach­er­fül­lung für den Werk­be­stel­ler bzw. Käu­fer un­zu­mut­bar sein (§ 440 S. 1, 3. Var. BGB; (§ 636, 3. Var. BGB). Dies ist der Fall, wenn das Ver­trauen des Käu­fers bzw. Be­stel­lers in den Er­folg der Nach­er­fül­lung be­reits fun­da­men­tal er­schüt­tert ist oder die Nach­er­fül­lung sons­tige ne­ga­tive Ne­ben­ef­fekte hät­te.
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