4. Wel­che Rechte hat der Käu­fer bei Schlecht­leis­tung?

e. Was gilt für den Scha­denser­satzan­spruch (§ 437 Nr. 3, 1. Var. BGB iVm §§ 280 ff. BGB / § 311a Abs. 2 BGB)?

Nach § 437 Nr. 3, 1. Var. BGB kön­nen drei ver­schie­dene For­men von Scha­denser­satz ver­langt wer­den:

  • Zu­nächst kann Er­satz für Ein­bu­ßen an an­de­ren Rech­ten oder Rechts­gü­tern als Scha­denser­satz ne­ben der Leis­tung (Man­gel­fol­ge­scha­den) ver­langt wer­den, so­weit der Ver­käu­fer die Man­gel­haf­tig­keit zu ver­tre­ten (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB iVm §§ 276 ff. BGB) hat. Dies gilt aber nur, so­weit nicht die Leis­tung, also die Über­gabe und Über­eig­nung ei­ner man­gel­freien Sa­che, durch die Scha­denser­satzleis­tung kompen­siert wer­den soll - also der Käu­fer bei par­al­lel er­fol­gen­der Re­pa­ra­tur oder Er­satz­lie­fe­rung nicht dop­pelt be­frie­digt wä­re. Dies schließt also den Er­satz der Kos­ten für einen De­ckungs­kauf, ent­gan­ge­nen Ge­winn, Re­pa­ra­tur­kos­ten oder Aus­gleich des ob­jek­ti­ven Min­der­werts aus.
  • Scha­denser­satz statt der Leis­tung ("Man­gel­scha­den") darf nach § 280 Abs. 3 BGB nur un­ter den zu­sätz­li­chen Voraus­set­zun­gen von § 281 BGB oder § 283 BGB ver­langt wer­den. Diese lie­gen vor, wenn ent­we­der ver­geb­lich eine Frist zur mög­li­chen Nach­lie­fe­rung bzw. Nach­bes­se­rung ge­setzt wurde (§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB), diese aus­nahms­weise ent­behr­lich ist (§ 281 Abs. 2 BGB oder § 440 BGB - die Kon­stel­la­tio­nen sind die­sel­ben wie bei § 323 BGB) oder die Leis­tung nach­träg­lich un­mög­lich wird (§ 283 BGB). Bei an­fäng­li­cher Un­mög­lich­keit bzw. an­fäng­li­chem Vor­lie­gen ei­nes Aus­schluss­grun­des nach § 275 Abs. 2 oder Abs. 3 BGB in Be­zug auf Nach­lie­fe­rung und (!) Nach­bes­se­rung greift § 311a Abs. 2 BGB, der be­son­de­re, von § 280 BGB ab­wei­chende An­for­de­run­gen an das Ver­tre­ten­müs­sen stellt. Scha­denser­satz statt der Leis­tung um­fasst grund­sätz­lich nur die Dif­fe­renz zum wah­ren Wert (Re­pa­ra­tur­kos­ten, Ge­win­n­aus­fall, etc.). Soll die Sa­che zu­rück­ge­ge­ben wer­den und der ge­samte Wert in Geld li­qui­diert wer­den, spricht das Ge­setz vom Scha­denser­satz statt der gan­zen Leis­tung. Die­ser setzt (wie der Rück­tritt) vor­aus, dass der Man­gel er­heb­lich ist (§ 281 Abs. 1 S. 3 BGB).
  • Um­strit­ten ist schließ­lich wie Scha­denser­satz we­gen Ver­zö­ge­rung der man­gel­freien Leis­tung ein­zu­stu­fen ist. In­so­weit ist zu dif­fe­ren­zie­ren: Der Scha­den, der auf der ver­spä­te­ten Vor­nahme ei­ner vom Käu­fer ge­for­der­ten Nach­er­fül­lung be­ruht (etwa die Kos­ten der ge­richt­li­chen Durch­set­zung) kann nur un­ter den Voraus­set­zun­gen von § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB iVm § 286 Abs. 1 BGB er­setzt wer­den. Um­strit­ten ist hin­ge­gen, was für Schä­den gilt, die trotz Vor­nahme der Nach­er­fül­lung in­ner­halb ei­ner vom Käu­fer ge­setz­ten Frist, ein­tre­ten.

Ein Teil der Li­te­ra­tur ver­langt auch für Nut­zungsaus­fall­schä­den im Zeit­raum zwi­schen Über­gabe und er­folg­rei­cher Vor­nahme der Nach­er­fül­lung die be­son­de­ren Voraus­set­zun­gen nach § 280 Abs. 2 BGB, § 286 Abs. 1 BGB.

  • Da­für spricht zu­nächst der Wort­laut des § 280 Abs. 2 BGB ("nur").
  • Zu­dem ver­weist § 437 Nr. 3 BGB aus­drück­lich auf § 280 BGB ins­ge­samt und nicht nur auf Ab­satz 1 und Ab­satz 3.
  • Schließ­lich sei der Ver­käu­fer, der da­von aus­geht, dass die ver­schaffte Sa­che man­gel­frei ist, schutz­be­dürf­tig - er be­dürfe ei­ner In­for­ma­tion, um tä­tig zu wer­den.
  • Es sei zu­dem we­nig über­zeu­gend, dass der Ver­käu­fer, der gar nicht lie­fert, ei­ner Mah­nung be­darf - wäh­rend ein Ver­käu­fer, der sich so­gar um Lie­fe­rung be­müht, stren­ger ohne Leis­tungsauf­for­de­rung haf­tet.

Die u.a. vom BGH ver­tre­tene Ge­gen­an­sicht

  • be­ruft sich auf die Ge­set­zes­be­grün­dung, wo­nach § 280 Abs. 1 BGB ohne wei­tere Voraus­set­zun­gen an­wend­bar sei.
  • Auch der Wort­laut des § 437 Nr. 3 BGB ver­weise nur auf § 281 BGB und § 283 BGB, aber ge­rade nicht auf § 286 BGB.
  • Der Ver­käu­fer werde durch das nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB er­for­der­li­che Ver­tre­ten­müs­sen und ein ggf. zu prü­fen­des Mit­ver­schul­den (§ 254 Abs. 1 BGB) hin­rei­chend ge­schützt.
  • Zu­dem könne sich der Käu­fer vor ei­ner Nicht­lie­fe­rung durch Be­stim­mung ei­nes Ter­mins (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) schüt­zen - bei der Schlecht­leis­tung habe er diese Mög­lich­keit hin­ge­gen man­gels Kennt­nis vom Man­gel nicht. Der Ver­käu­fer habe viel­mehr durch die Über­gabe eine ge­stei­gerte Ge­fahr in der Sphäre des Käu­fers ge­schaf­fen.

Frei­lich ist das Wort­laut­ar­gu­ment nicht un­ein­ge­schränkt stich­hal­tig: § 437 Nr. 3 BGB ver­weist auf An­spruchs­grund­lagen (siehe For­mu­lie­rung von § 281 BGB, § 283 BGB), nicht aber auf bloße Hilfs­nor­men (ne­ben § 286 BGB z.B. auch nicht auf § 276, 278 BGB). Im Nor­mal­fall des Kauf­ver­tra­ges habe der Ver­käu­fer kei­nen Wis­sens­vor­sprung ge­gen­über dem Käu­fer. Wenn man eine Ob­lie­gen­heit zur In­for­ma­tion schon aus dem Mit­ver­schul­den her­lei­ten müs­se, könne man auch di­rekt eine Mah­nung im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB ver­lan­gen. Der Käu­fer werde durch § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB ge­schützt, wenn seine In­ter­es­sen im Ein­zel­fall vor­ran­gig sei­en. Dies er­for­dert aber eine gründ­li­che In­ter­es­sen­ab­wä­gung.

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