11. Ka­pi­tel: Durch­set­zungs­hin­der­nisse

C. Was ist ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht (§ 273 BGB, § 320 BGB)?

Ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht kann sich aus ver­schie­de­nen Kon­stel­la­tio­nen er­ge­ben:

  • § 273 Abs. 1 BGB re­gelt das "all­ge­meine Zu­rück­be­hal­tungs­recht", das für alle Schuld­ver­hält­nisse gilt. Es setzt vor­aus, das aus ei­nem ein­heit­li­chen Le­bensver­hält­nis (ge­rade nicht un­be­dingt aus ei­nem ein­heit­li­chen Schuldver­hält­nis!) beide Par­teien sich ge­gen­sei­tig fäl­lige Leis­tungen schul­den.
  • § 273 Abs. 2 BGB re­gelt ein be­son­de­res Zu­rück­be­hal­tungs­recht im Hin­blick auf Her­aus­ga­be­an­sprü­che.
  • § 320 Abs. 1 BGB re­gelt dem­ge­gen­über ein be­son­de­res Zu­rück­be­hal­tungs­recht für die im Ge­gen­sei­tig­keits­ver­hält­nis ste­hen­den Haupt­leis­tungs­pflich­ten aus ei­nem ge­gen­sei­ti­gen Ver­trag.
  • Wei­tere wich­tige Zu­rück­be­hal­tungs­rechte ge­währt § 348 BGB für die Rück­ge­währ­pflich­ten nach Rück­tritt und § 1000 S. 1 BGB für den Her­aus­ga­be­an­spruch aus § 985 BGB (b­zw. aus § 1007 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB).

Nach § 274 Abs. 1 BGB (b­zw. § 322 Abs. 1 BGB für ge­gen­sei­tige Ver­trä­ge) führt die Gel­tend­ma­chung ei­nes Zu­rück­be­hal­tungs­rechts da­zu, dass der Schuld­ner nur zur Leis­tung ge­gen Empfang der ihm ge­büh­ren­den Leis­tung ver­pflich­tet ist ("Zug um Zug"). Für den Gläu­bi­ger wird also die Durch­set­zung sei­nes An­spruchs durch Gel­tend­ma­chung ei­nes Zu­rück­be­hal­tungs­rechts durch den Schuld­ner nicht aus­ge­schlos­sen, son­dern le­dig­lich ein­ge­schränkt.

Bau­un­ter­neh­mer U for­dert nach Fer­tig­stel­lung ei­nes Wohn­hau­ses noch den rest­li­chen Wer­k­lohn i.H.v. 20.000 € ein. Bau­herr H macht we­gen noch vor­han­de­ner und zu be­sei­ti­gen­der Män­gel ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht gel­tend, wo­bei die Män­gel­be­sei­ti­gungs­ar­bei­ten 20.000 € kos­ten wer­den.

U kann den An­spruch ein­kla­gen und ein statt­ge­ben­des Ur­teil er­wir­ken. H wird dann zur Zah­lung ver­ur­teilt, aber nur Zug-um-Zug ge­gen Be­sei­ti­gung der noch vor­han­de­nen Män­gel.

In der Pra­xis muss der Schuld­ner die an­dere Ver­tragspar­tei in An­nah­me­ver­zug ver­set­zen, um ge­gen sie die Zwangs­voll­stre­ckung zu be­trei­ben (§ 274 Abs. 2 BGB bzw. § 322 Abs. 3 BGB). Al­ter­na­tiv kann der Ge­richts­voll­zie­her nach § 756 Abs. 2 ZPO die Leis­tung an­bie­ten. Mög­lich ist nach § 273 Abs. 3 BGB zu­dem, dass der Gläu­bi­ger Si­cher­heit leis­tet - auch dann ist das Zu­rück­be­hal­tungs­recht aus­ge­schlos­sen.

So­lange ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht be­rech­tig­ter­weise gel­tend ge­macht wird, kann der Schuld­ner nicht in Ver­zug ge­lan­gen (§ 286 BGB) und ist da­mit nicht zum Er­satz des Ver­zö­ge­rungs­scha­dens (§ 280 Abs. 2 BGB) ver­pflich­tet; man­gels durch­setz­ba­ren An­spruchs schei­det auch Scha­denser­satz statt der Leis­tung we­gen Nicht­leis­tung nach Frist­set­zung (§ 280 Abs. 3 BGB iVm § 281 Abs. 1 S. 1 BGB) aus.

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