C. Was ist ein "Widerruf" (§ 355 BGB)?
VII. Was sind verbundene und zusammenhängende Verträge?
In §§ 358-360 BGB geht es um Verträge, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang zu einem Vertrag stehen, der widerrufen werden kann. In derartigen Fällen soll der Widerruf des einen Vertrages automatisch auch den anderen Vertrag mitziehen. Hierdurch soll verhindert werden, dass sich der Verbraucher wegen eines unwiderruflichen Folgevertrages an das eigentlich widerrufliche Geschäft gebunden fühlt.
Dabei sind zwei grundlegende Konstellationen zu unterscheiden:
- Bei einem verbundenen Vertrag dient ein Darlehensvertrag (§ 488 BGB) ganz oder teilweise zur Finanzierung eines Vertrags über die Lieferung einer Ware (z.B. § 433 BGB) oder die Erbringung einer anderen Leistung (z.B. § 631 BGB). Die Verknüpfung zwischen den Verträgen muss so stark sein, dass sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, die nur aus rechtlichen Gründen getrennt beurteilt wird (§ 358 Abs. 3 S. 1 BGB). Um diese "wirtschaftliche Einheit" festzustellen, gibt das Gesetz zwei Beispiele (§ 358 Abs. 3 S. 2 BGB) - einerseits liegt eine solche Einheit vor, wenn Darlehen und finanziertes Geschäft mit demselben Unternehmer geschlossen werden, andererseits wenn der Unternehmer selbst das Darlehen (etwa einer Bank) vermittelt.
K kauft bei einem BMW-Händler einen neuen BMW X6 auf Raten. Hierzu legt ihm der Händler ein Formular der BMW-Bank vor, das K unterzeichnet. Hier liegen gemäß § 358 Abs. 3 S. 1, S. 2 BGB verbundene Verträge vor.
Unterscheiden Sie den von § 358 Abs. 4 BGB gemeinten "Kauf auf Kredit" vom "Kauf bei Kredit": Nur beim "Kauf auf Kredit" liegt eine wirtschaftliche Einheit und damit ein verbundenes Geschäft vor. Beim "Kauf bei Kredit" verschafft sich der Verbraucher selbstständig (unabhängig vom Unternehmer) das Darlehen bei einem Dritten. Es besteht somit keine wirtschaftliche Einheit zwischen dem Kaufvertrag und dem Darlehensvertrag. Die Verträge bleiben somit auch selbstständig und § 358 BGB und § 359 BGB finden keine Anwendung.
- Ein zusammenhängender Vertrag ist jeder Vertrag, der (irgend)einen Bezug zu einem widerrufenen Vertrag aufweist und eine Leistung betrifft, die entweder vom Unternehmer des widerrufenen Vertrages oder einem Dritten aufgrund einer Vereinbarung zwischen diesem und dem Unternehmer (nicht dem Verbraucher!) erbracht wird (§ 360 Abs. 2 BGB). Anders als bei verbundenen Verträgen muss es dabei nicht um ein Darlehen gehen - so können etwa Unternehmen Versicherungen ("AppleCare" o.ä.) vermitteln. Speziell für Darlehensverträge greift die weitere Sonderregel des § 360 Abs. 2 S. 2 BGB: Ein Darlehensvertrag hängt auch dann mit einem finanzierten Geschäft zusammen, wenn es ausschließlich der Finanzierung des widerrufenen Vertrags dient und die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in dem Darlehensvertrag genau angegeben ist.
K kauft im Fernabsatz einen neuen Laptop. Da K nicht genug Geld hat, wendet er sich an seine Bank, die ihm einen Kleinkredit ausdrücklich (nur) zum Kauf des bestimmten Models bei dem bestimmten Händler gewährt. Dieser Kredit wird an K ausgezahlt, der sich davon den ersehnten Laptop kauft. Erklärt K nun den Rücktritt vom Kauf des Laptops, entfällt auch die Bindung an den damit "zusammenhängenden" Darlehensvertrag (§ 360 Abs. 1 BGB).