3. Was sind "Zwecker­rei­chung" und "Zweck­fort­fall"?

a. Was ist ein "ab­so­lu­tes Fix­ge­schäft"?

Grund­sätz­lich sind Leis­tungen nach­hol­bar. Das be­deu­tet, dass bei Ver­zö­ge­rung der Leis­tung zwar eine Pf­licht ver­letzt wird (und nach § 280 Abs. 2 BGB iVm § 286 Abs. 1 BGB Scha­denser­satz we­gen Ver­zö­ge­rung zu leis­ten ist), aber die Leis­tungspflicht nicht we­gen Un­mög­lich­keit (§ 275 Abs. 1 BGB) er­lischt. Al­lein der Um­stand, dass der Gläu­bi­ger die Leis­tung nun nicht mehr in glei­chem Um­fang nut­zen kann, ge­nügt nicht, um die Leis­tungspflicht und so­mit idR auch die Ge­gen­leis­tungs­pflicht (§ 326 Abs. 1 BGB) un­ter­ge­hen zu las­sen.

Es gibt je­doch auch Schuld­ver­hält­nisse, bei de­nen das Nach­ho­len der Leis­tung nicht mehr als Er­fül­lung der ur­sprüng­lich ver­ein­bar­ten Pf­licht an­ge­se­hen wer­den kann. So­weit für den Schuld­ner of­fen­sicht­lich ist, dass die Leis­tung für den Gläu­bi­ger nur sinn­voll ver­wend­bar ist, wenn sie zum fest­ge­leg­ten Zeit­punkt er­folgt und er sich den­noch auf die Pf­licht zur ter­min­ge­rech­ten Er­brin­gung der Leis­tung ein­lässt, tritt Un­mög­lich­keit im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB ein, wenn der ver­ein­barte Zeit­punkt ver­säumt wird. Es han­delt sich um einen be­son­de­ren Fall des Zweck­fort­falls.

Dies ist der Fall beim Kauf von Hoch­zeits­klei­dern oder Weih­nachts­bäu­men - diese ma­chen nach Ablauf des je­wei­li­gen Ter­mins kei­nen Sinn. Dem­ge­gen­über ge­nügt selbst eine Ver­spä­tung von 12 Stun­den bei Flug­rei­sen im Re­gel­fall nicht, um Un­mög­lich­keit an­zu­neh­men.

Ein ab­so­lu­tes Fix­ge­schäft liegt in der Re­gel bei Dau­er­schuld­ver­hält­nissen vor. Das kann man sich leicht er­klä­ren: Weil bei die­sen Schuld­ver­hält­nissen in ei­nem be­stimm­ten Zeit­raum ("von A bis B") zu leis­ten ist (es ist etwa der Ge­brauch ei­ner Sa­che zu ver­schaf­fen, § 535 BGB oder ein Dienst zu er­brin­gen, § 611 BGB), gibt es ein be­stimm­tes Ende der Leis­tungspflicht. Fehlt nun am An­fang der Leis­tungs­zeit et­was, kann dies nicht ein­fach hin­ten wie­der an­ge­hängt wer­den, ohne den Leis­tungsin­halt zu ver­än­dern.

A leiht B für eine Haus­ar­beit im Stu­dium ein No­te­book vom ers­ten Tag bis zum letz­ten Tag der Schreib­frist (§ 598 BGB). In der ers­ten Wo­che der Haus­ar­beit ver­gisst A, dem B das No­te­book zu über­ge­ben. Dann nützt es B nichts, wenn ihm A das No­te­book für eine wei­tere Wo­che nach Ende der Schreib­frist über­lässt - er be­nö­tigt das Gerät ge­nau in die­ser Frist, das Nach­ho­len der Leis­tung ist un­mög­lich im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB.

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