D. Was ist eine "Aufrechnung" (§§ 387 ff. BGB)?
II. Welche Anforderungen bestehen an eine Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB)?
Die Aufrechnungserklärung ist nach § 388 S. 1 BGB ein einseitiges Rechtsgeschäft (kein Vertrag - es bedarf also insbesondere keiner Annahme!) und erfordert eine empfangsbedürftige Willenserklärung, für welche die §§ 104 ff. BGB gelten. Insbesondere muss diese nach § 130 Abs. 1 S. 1 BGB dem Aufrechnungsgegner zugehen, damit sie wirksam wird.
Allerdings bestimmt § 388 S. 2 BGB, dass eine Bedingung (§ 158 BGB) oder eine Befristung (§ 163 BGB) der Aufrechnung ausgeschlossen sind. Diese so genannte "Bedingungsfeindlichkeit" ist nur im Rahmen der Aufrechnung gesetzlich normiert, gilt aber entsprechend auch für andere Gestaltungsrechte wie Anfechtung, Kündigung oder Rücktritt. Damit wird ein Gleichlauf zur Erfüllung im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB erreicht, die als rein tatsächliche Handlung auch nur ganz oder gar nicht erfolgen kann. Dies dient der Rechtssicherheit: Der Gläubiger muss wissen, ob ein Anspruch noch besteht oder nicht.
Wenn die Aufrechnung allerdings nur von einer für den Erklärenden offenen rechtlichen Frage abhängig gemacht wird, liegt keine Bedingung im Sinne von § 158 BGB vor. Denn bei einer solchen Aufrechnung steht die Rechtslage bereits im Zeitpunkt der Erklärung fest - sie ist den Parteien nur noch nicht bekannt; bei einer Bedingung geht es jedoch um Umstände, die erst noch eintreten müssen.
Praktisch relevant ist dies vor allem für die Eventualaufrechnung (Hilfsaufrechnung) im Zivilprozess: Diese wird vom Beklagten scheinbar unter der Bedingung erklärt, dass das Gericht die Forderung des Klägers jedenfalls teilweise als begründet ansieht. Bei der Begründetheit der Klage, also dem Bestehen oder Nichtbestehen der Forderung, handelt es sich jedoch um eine reine Rechtsfrage, die nicht unter § 158 Abs. 1 BGB fällt. Daher ist diese Eventualaufrechnung trotz § 388 S. 2 BGB unstreitig möglich (was ausdrücklich auch durch § 45 Abs. 3 GKG anerkannt ist).
Im Übrigen kann eine Aufrechnung trotz § 388 S. 2 BGB unter eine Bedingung gestellt werden, wenn sie nicht nur durch einseitige Erklärung erfolgt, sondern zwischen beiden Beteiligten vereinbart wurde (Aufrechnungsvertrag). Zudem ist weitergehend im Wege der teleologischen Reduktion von § 388 S. 2 BGB anerkannt, dass sog. "Potestativbedingungen", d.h. Bedingungen, deren Eintritt der Adressat der Aufrechnungserklärung selbst beeinflussen kann, zulässig sind: In diesem Fall geht die Regelung planwidrig zu weit, da der von der Norm behandelte Unsicherheitszustand zum Nachteil des Aufrechnungsgegners gar nicht auftreten kann.