III. Was ist ein Schuld­ver­hält­nis mit Schut­z­wir­kung zu­guns­ten Dritter?

4. Was ist der Un­ter­schied zwi­schen Ver­trag mit Schut­z­wir­kung und "Dritt­scha­dens­li­qui­da­tion"?

Schä­den von am Ver­trag nicht be­tei­lig­ten Dritten kön­nen nicht nur durch Kon­struk­tion ei­nes ei­ge­nen Schuld­ver­hält­nisses zwi­schen dem Schuld­ner und dem Dritten er­satz­fä­hig wer­den. Die Recht­spre­chung kennt viel­mehr auch Fäl­le, in de­nen dem Gläu­bi­ger des ur­sprüng­li­chen Schuld­ver­hält­nisses die Mög­lich­keit ge­ge­ben wird, im Rah­men sei­nes Scha­denser­satzan­spruchs (aus § 280 Abs. 1 BGB) die Schä­den des Dritten (= Dritt­scha­den) zu li­qui­die­ren. Dies be­zeich­net man als Dritt­scha­dens­li­qui­da­tion. Da es da­bei nur um die Berück­sich­ti­gung von Ver­lus­ten als "Scha­den" gilt, be­han­deln wir diese auch erst in ei­nem spä­te­ren Ka­pi­tel - hier soll aber ein kur­zer Über­blick zum Ver­hält­nis zum Schuld­ver­hält­nis mit Schut­z­wir­kung zu­guns­ten Dritter ge­ge­ben wer­den:

  • Wenn eine Dritt­scha­dens­li­qui­da­tion mög­lich ist, hat der ge­schä­digte Dritte einen ei­ge­nen An­spruch ge­gen den Gläu­bi­ger des Schuld­ver­hält­nisses auf Ab­tre­tung der An­sprü­che ge­gen den schä­di­gen­den Schuld­ner. Die­ser folgt aus § 285 BGB (ggf. ana­log) oder je­den­falls aus Treu und Glau­ben (§ 242 BGB). Da­mit hat er einen ei­ge­nen An­spruch und es darf kein Schuld­ver­hält­nis mit Schut­z­wir­kung kon­stru­iert wer­den. Um­ge­kehrt schei­det auch eine Dritt­scha­dens­li­qui­da­tion aus, wenn der Dritte sei­nen Scha­den selbst er­setzt be­kommt. Un­strei­tig schlie­ßen sich also die bei­den Er­satz­mög­lich­kei­ten aus.
  • Die Ab­gren­zung er­folgt an dem Merk­mal der "zu­fäl­li­gen Scha­densver­lage­rung" der Dritt­scha­dens­li­qui­da­tion. Für diese gibt es eine ab­schlie­ßende Zahl an­er­kann­ter Fall­ge­stal­tun­gen. Auf­grund die­ser Fall­grup­pen ist die Dritt­scha­dens­li­qui­da­tion die en­gere Kon­stel­la­ti­on. Die um­ge­kehrte Ab­gren­zung an­hand der Merk­male des Schuld­ver­hält­nisses mit Schut­z­wir­kung zu­guns­ten des Dritten wird dem­ge­gen­über kaum ein­deu­tig aus­fal­len: Ein Gläu­bi­gerin­ter­esse an der Ein­be­zie­hung des ge­schä­dig­ten Dritten wird für die Dritt­scha­dens­li­qui­da­tion nicht vor­aus­ge­setzt (kann aber vor­lie­gen), eine dem Gläu­bi­ger ver­gleich­bare Ge­fähr­dungs­lage wird ty­pi­scher­weise be­ste­hen.
In der Klau­sur ge­nügt es in der Re­gel, dass Sie fest­stel­len, dass keine "zu­fäl­lige Scha­densver­lage­rung" ein­ge­tre­ten ist, weil keine der an­er­kann­ten Fall­grup­pen vor­liegt. Dann ist der Weg für den Ver­trag mit Schut­z­wir­kung für Dritte frei. Um­ge­kehrt schei­det die Dritt­scha­dens­li­qui­da­tion aus, wenn An­sprü­che aus ei­nem Ver­trag mit Schut­z­wir­kung für Dritte be­ste­hen.
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