A. Was gilt, wenn meh­rere Per­so­nen ver­pflich­tet sind?

I. Was ist eine "Teil­schuld" (§ 420 BGB)?

Bei der Teil­schuld hat der Gläu­bi­ger ein selbst­stän­di­ges For­de­rungsrecht ge­gen je­den ein­zel­nen Schuld­ner. Das be­deu­tet:

    • Kein Schuld­ner muss mehr als sei­nen An­teil leis­ten und der Gläu­bi­ger darf auch von kei­nem Schuld­ner mehr als sei­nen An­teil ver­lan­gen. Wel­che For­de­rung der Gläu­bi­ger wann gel­tend macht, ob­liegt ihm - je­der Schuld­ner haf­tet un­ab­hän­gig von den an­de­ren. Wird ein Schuld­ner in­solvent, kann der Gläu­bi­ger nicht von den an­de­ren Er­fül­lung (im Sinne ei­ner Aus­fall­haf­tung) ver­lan­gen. Die Teil­schuld ist für ihn also denk­bar unat­trak­tiv.
    • Die Pf­lich­ten der Schuld­ner be­ste­hen un­ab­hän­gig von­ein­an­der. Das be­deu­tet:

      • Jede Schuld ent­wi­ckelt sich in Be­zug auf Er­lö­schen und Durch­setz­bar­keit un­ab­hän­gig von den an­de­ren. So kann etwa je­der An­spruch we­gen (sub­jek­ti­ver) Un­mög­lich­keit (§ 275 Abs. 1 BGB) er­lö­schen oder die Durch­set­zung je­des An­spruchs un­ab­hän­gig von den an­de­ren we­gen Ver­jäh­rung ver­wei­gert wer­den (§ 214 BGB). Zahlt ein Schuld­ner (§ 362 Abs. 1 BGB) oder rech­net er auf (§ 389 BGB), er­lischt seine Pf­licht - aber nicht die­je­nige der an­de­ren. Im Zi­vil­pro­zess kön­nen die Schuld­ner zwar als ein­fa­che Streit­ge­nos­sen (§ 59 ZPO) ge­mein­sam kla­gen oder ver­klagt wer­den, er­for­der­lich ist dies aber nicht.

      • Auch Se­kun­däran­sprü­che ent­ste­hen nur bzgl. der­je­ni­gen Schuld­ner, für die alle Voraus­set­zun­gen des An­spruchs er­füllt sind: Leis­tet ein Schuld­ner nicht, ob­wohl er es kann, muss die­sem ge­gen­über ge­mahnt (§ 286 Abs. 1 BGB) wer­den bzw. eine Frist ge­setzt wer­den (§ 281 Abs. 1 BGB) - eine Er­klä­rung ge­gen­über ei­nem Schuld­ner hat keine Wir­kung ge­gen­über den an­de­ren Schuld­nern; eine Ver­wei­ge­rung (§ 281 Abs. 2 BGB) wirkt nicht zu­las­ten der an­de­ren Schuld­ner.
Wie oben ver­pflich­tet sich C, so­wohl auf das Grund­stück des A, als auch auf das des B Roll­ra­sen zu lie­fern. A und B schul­den als Teil­schuld­ner den Kauf­preis. Ob­wohl beide nicht zah­len, mahnt C nur den A; nur die­ser be­fin­det sich ab die­sem Zeit­punkt im Ver­zug und haf­tet für Ver­zö­ge­rungs­schä­den iSd § 286 BGB.
    • Al­ler­dings sieht das Ge­setz für be­stimmte Ge­stal­tungs­rechte eine Ver­knüp­fung vor: Ein Rück­tritt (§ 351 BGB) oder eine Min­de­rung (§ 441 Abs. 2 BGB, § 638 Abs. 2 BGB) muss ge­gen­über al­len Schuld­nern oder durch alle Schuld­ner er­klärt wer­den.
  • Ei­nen In­nen­aus­gleich zwi­schen den Schuld­nern gibt es nicht; wenn ein Schuld­ner mehr zahlt, als er selbst schul­det, han­delt es sich ent­we­der
    • um eine be­wusste Leis­tung auf fremde Schuld (§ 267 Abs. 1 S. 2 BGB), mit der Fol­ge, dass man Auf­wen­dungser­satz aus Ge­schäfts­füh­rung ohne Auf­trag nach § 683 S. 1 BGB iVm § 670 BGB bzw. Aus­gleich im Wege der Rück­griffs­kon­dik­tion nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Var. BGB von den an­de­ren Schuld­nern ver­lan­gen kann oder
    • um den ir­ri­gen Ver­such, eine ei­gene Schuld zu er­fül­len, mit der Fol­ge, dass es für die Leis­tung kei­nen Rechts­grund gab und diese vom Gläu­bi­ger nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Var. BGB zu­rück­zu­ver­lan­gen ist.

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