b. Wann gibt es Ent­schä­di­gung in Geld nach § 251 BGB?

aa. Was ist ein wirt­schaft­li­cher To­tal­scha­den?

Ein wirt­schaft­li­cher To­tal­scha­den ist ge­ge­ben, wenn die Re­pa­ra­tur­kos­ten 130% des Wie­der­be­schaf­fungs­wer­tes (ent­spricht dem Wert des Ge­gen­stands vor dem schä­di­gen­den Er­eig­nis) über­stei­gen. Wenn eine sol­che Über­schrei­tung vor­liegt, er­hält der Ge­schä­digte also nicht etwa pau­schal 130% des Wie­der­be­schaf­fungs­wer­tes, son­dern ge­nau 100% - er fällt von 130% auf 100% zu­rück. Der Ge­schä­digte er­hält un­strei­tig nur noch den, um den Rest­wert des zer­stör­ten Ge­gen­stands ver­min­der­ten, Preis ei­nes gleich­wer­ti­gen Er­satz­ge­gen­stan­des. Wäh­rend die­ses Er­geb­nis un­um­strit­ten ist, be­steht Streit über die recht­li­che Grund­lage.

Die Recht­spre­chung sieht Re­pa­ra­tur und Er­satz­be­schaf­fung als gleich­wer­tige For­men der Na­tu­ral­re­sti­tu­tion im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB, un­ter de­nen ein Wahl­recht be­steht. Über­steigt der Re­pa­ra­tur­auf­wand aber 130% des Wie­der­be­schaf­fungs­wer­tes, ist dies kein zur Her­stel­lung er­for­der­li­cher Geld­be­trag im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB. Dann be­schränkt sich der An­spruch auf die an­dere Form, mit­hin die Er­satz­be­schaf­fung (ähn­lich wie § 439 Abs. 1 BGB), so dass auch der An­spruch auf Er­satz der Wie­der­be­schaf­fungs­kos­ten aus § 249 Abs. 2 BGB folgt.

Die Li­te­ra­tur hält dem ent­ge­gen, dass eine Er­satz­be­schaf­fung bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen nie eine "Wie­der­her­stel­lung", son­dern stets ein aliud be­deu­tet. Die Er­for­der­lich­keit ("den dazu er­for­der­li­chen Geld­be­trag" (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB)) soll ge­rade nicht für die An­ge­mes­sen­heit der Auf­wen­dungen her­an­ge­zo­gen wer­den, weil diese in § 251 Abs. 2 BGB ge­re­gelt sind. Es han­delt sich da­nach bei den Her­stel­lungs­kos­ten um eine Ent­schä­di­gung nach § 251 Abs. 1 BGB, die sich oh­ne­hin nur auf die kon­krete Ver­mö­gen­sein­buße be­zieht.

Nun ist mit die­ser Ein­schät­zung na­tür­lich ein er­heb­li­ches Pro­gno­se­ri­siko ver­bun­den. Die meis­ten Werk­stät­ten las­sen sich nicht auf eine Re­pa­ra­tur zum Fest­preis ein, son­dern ge­ben nur einen Kos­ten­vor­an­schlag. So­weit ein Sach­ver­stän­di­ger den vor­aus­sicht­li­chen Re­pa­ra­tur­auf­wand un­ter 130% des Wie­der­be­schaf­fungs­wer­tes schätzt, darf mit der Re­pa­ra­tur be­gon­nen wer­den. Stellt sich aber spä­ter her­aus, dass der Auf­wand über 130% liegt, muss der Schä­di­ger trotz­dem den ge­sam­ten Be­trag er­set­zen. Er trägt also das Ri­siko ei­nes Pro­gno­se­feh­lers. Pro­gno­se­feh­ler der Werk­statt sind dem Ge­schä­dig­ten nicht als Mit­ver­schul­den nach § 254 Abs. 2 S. 2 BGB zu­re­chen­bar, da die Werk­statt nicht als sein Er­fül­lungs­ge­hilfe (§ 278 BGB) tä­tig wird.

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