4. Wann wäre die Gel­tend­ma­chung ei­nes Form­ver­sto­ßes treu­wid­rig (§ 242 BGB)?

a. Was gilt bei ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung über die Form­be­dürf­tig­keit?

Hat eine Par­tei die an­dere über die Form­be­dürf­tig­keit arg­lis­tig ge­täuscht, so kann der Täu­schende die Er­fül­lung des Ver­trages nicht mit der Be­grün­dung ver­wei­gern, dass die nö­tige Form nicht ein­ge­hal­ten wor­den sei. Ver­langt der Ge­täuschte Er­fül­lung, so muss der Ver­trag im In­ter­esse des Ge­täusch­ten als wirk­sam be­han­delt wer­den.

Rechts­an­walt K er­klärt dem nai­ven 19 jäh­ri­gen Laien V, ein Grund­stückskauf durch schrift­li­chen Ver­trag sei wirk­sam. Da­rauf­hin schlie­ßen sie einen Ver­trag über ein Grund­stück des V. Als das Grund­stück des V vor der Auf­las­sung (§ 925 BGB) mas­siv an Wert ver­liert, er­klärt K, dass der Kauf­ver­trag nich­tig sei und ver­wei­gert die Kauf­preis­zah­lung.

Nach § 125 S. 1 BGB i.V.m. § 311b Abs. 1 S. 1 BGB hätte K recht. Al­ler­dings miss­bil­ligt die Rechts­ord­nung den Miss­brauch von Schutz­vor­schrif­ten durch Ar­g­list (vgl. § 226 BGB, § 826 BGB). Hier hat K als rechts­kun­di­ger An­walt den schutz­wür­di­gen Laien V arg­lis­tig ge­täuscht. Da­her gibt die herr­schende Mei­nung V (nicht K!) in die­sem Fall ein Wahl­recht:

a. Er kann die Nich­tigkeit des Ver­trages an­neh­men (also § 125 S. 1 BGB ge­gen sich gel­ten las­sen) und vom arg­lis­tig han­deln­den K Er­satz sei­nes Ver­trau­ens­scha­dens aus culpa in con­tra­hendo (§ 311 Abs.2 BGB, § 280 Abs. 1 BGB, § 241 Abs. 2 BGB) ver­lan­gen. Das wä­ren etwa An­rei­se­kos­ten oder der Ver­lust da­durch, dass V an­dere An­träge ab­ge­lehnt hat.

b. Er kann aber auch den Ein­wand der For­m­nich­tig­keit als rechts­miss­bräuch­lich nach § 242 BGB zu­rück­wei­sen. Dann muss sich K so be­han­deln las­sen, als wäre der Ver­trag form­ge­recht ge­schlos­sen wor­den. Er muss also den Kauf­preis be­zah­len (§ 433 Abs. 2 BGB), er­hält da­für aber das Grund­stück über­eig­net (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB).

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