Was ist ein "Kal­kula­ti­ons­irr­tum"?

(a) Was gilt bei ei­nem "ver­deck­ten" Kal­kula­ti­ons­irr­tum?

Ist die Kal­kula­ti­ons­grund­lage dem Ge­schäfts­part­ner ge­gen­über nicht of­fen­ge­legt, also war die in­terne Kal­kula­tion nicht in die Wil­lens­er­klä­rung auf­ge­nom­men, han­delt es sich un­strei­tig nur um einen un­be­acht­li­chen Mo­ti­virr­tum, der nicht zur An­fech­tung be­rech­tigt. Dies zeigt eine ein­fa­che Sub­sum­tion un­ter § 119 Abs. 1 BGB:

  • Der Er­klä­rende ist bei der Ab­gabe ei­ner Wil­lens­er­klä­rung über de­ren In­halt im Irr­tum (sog. In­halt­sirr­tum, § 119 Abs. 1, 1. Var. BGB), wenn er be­wusst ein be­stimm­tes Er­klä­rungs­zei­chen ver­wen­det, von dem er meint, der Emp­fän­ger würde es so wie er ver­ste­hen. Bei ei­ner Fehl­kal­kula­tion wird je­doch eine klare Zahl ("x Eu­ro") ge­nannt - diese ist ein­deu­tig und un­miss­ver­ständ­lich. Der Er­klä­rende will ge­nau die­sen Wert aus­drücken und geht da­von aus, dass die­ser auch so wie ge­schrie­ben ver­stan­den wird.
  • Der Er­klä­rende will eine Er­klä­rung die­ses In­halts über­haupt nicht ab­ge­ben (sog. Er­klä­rungs­irr­tum, § 119 Abs. 1, 2. Var. BGB), wenn er un­be­wusst eine an­dere Er­klä­rung ab­gibt, als er sich vor­stellt - also sich ver­schreibt, ver­greift, ver­spricht, etc. Bei ei­ner Fehl­kal­kula­tion mag er sich zwar auf dem Ta­schen­rech­ner oder dem Com­pu­ter ver­tippt ha­ben; bei der Ab­gabe der letzt­lich maß­geb­li­chen Wil­lens­er­klä­rung (dem An­ge­bot, der Rech­nung, etc.) hat er je­doch be­wusst den In­halt der Be­rech­nung über­nom­men. Ein Ver­tip­pen bei Ent­wür­fen, Vor­lagen, Skiz­zen, etc. ge­nügt je­doch für einen Er­klä­rungs­irr­tum nicht.

Auch für eine ana­loge An­wen­dung von § 119 Abs. 1 BGB gibt es kei­nen Raum: Der Ge­setz­ge­ber wollte das Ri­siko zwi­schen dem Er­klä­ren­den und dem Emp­fän­ger so auf­tei­len, dass Vor­be­rei­tungs­hand­lun­gen und Fehl­vor­stel­lun­gen aus­schließ­lich in der Sphäre des Er­klä­ren­den lie­gen. Nur im en­gen An­wen­dungs­be­reich des § 119 Abs. 2 BGB kön­nen der­ar­tige Fehl­vor­stel­lun­gen zur An­fech­tung be­rech­ti­gen. Würde man hin­ge­gen bei je­der Fehl­kal­kula­tion die Mög­lich­keit zur Auf­he­bung ei­nes Rechts­ge­schäfts er­öff­nen, würde da­durch der Rechts­ver­kehr un­zu­mut­bar be­ein­träch­tigt.

Gibt Hand­wer­ker P sei­nem Kun­den H also nur den Ge­samt­be­trag für vor­zu­neh­mende Par­kett­ar­bei­ten von "2.500 €" an, liegt kei­ner der ge­setz­li­chen An­fech­tungsgründe vor und § 142 Abs. 1 BGB greift nicht ein.
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