1. Was ist der Wi­der­rufsdurch­griff (§ 358 BGB, § 360 BGB)?

d. In­wie­weit er­mög­licht § 358 Abs. 4 S. 5 BGB einen Durch­griff im Wi­der­rufsver­hält­nis?

Wie Sie wis­sen, ist das Prin­zip der "Re­la­ti­vi­tät der Schuld­ver­hält­nisse" von zen­tra­ler Be­deu­tung im deut­schen Zi­vil­recht. Wenn also K se­pa­rate Kauf­ver­träge (§ 433 BGB) und Dar­le­hens­ver­träge (§ 488 BGB), ge­ge­be­nen­falls so­gar mit ver­schie­de­nen Per­so­nen, schließt, ha­ben diese nichts mit­ein­an­der zu tun.

Von die­sem Grund­satz weicht je­doch § 358 Abs. 4 S. 5 BGB für den Fall ab, dass ein mit ei­nem an­de­ren Ge­schäft ver­bun­de­nes Dar­le­hen bei Wirk­sam­wer­den des Wi­der­rufs be­reits an den Ver­tragspart­ner des Ver­brau­chers bei dem ver­bun­de­nen Ge­schäft ge­flos­sen ist. Dann er­folgt die Rück­ab­wick­lung nicht ge­gen­über dem Un­ter­neh­mer, son­dern ge­gen­über dem Dar­le­hens­ge­ber.

K kauft ein Auto bei V für 50.000 € (§ 433 BGB). Da K das Geld nicht hat, schließt er auf Vor­schlag des V einen Dar­le­hens­ver­trag mit B über 50.000 € (§ 488 BGB), von dem er je­den Mo­nat Ra­ten von 100 € (an B) zah­len soll. B über­weist nach Ein­gang des Dar­le­hens­an­trags das Geld un­mit­tel­bar an V. Wi­der­ruft nun K den Dar­le­hens­ver­trag, müsste er ei­gent­lich das Geld an B zu­rück­zah­len und den PKW an V zu­rück­ge­ben und zu­rück­über­eig­nen. Gleich­zei­tig müsste ihm V den Kauf­preis (den er von B er­hal­ten hat) aus­schüt­ten. Da­von weicht § 358 Abs. 4 S. 5 BGB ab: K muss nichts an B zu­rück­zah­len, son­dern nur den PKW zu­rück­zu­ge­ben und zu­rück­über­eig­nen - al­ler­dings nicht an V, son­dern an den Dar­le­hens­ge­ber B. Das ist des­halb be­mer­kens­wert, weil B ge­rade kei­nen Kauf­ver­trag mit K hatte und die­sem we­der einen PKW über­ge­ben und über­eig­net hat noch von die­sem einen Kauf­preis er­hal­ten hat.

Da­bei han­delt es sich nicht um einen Schuld­bei­tritt der Bank zur Pf­licht des Un­ter­neh­mens, son­dern um einen ech­ten Über­gang al­ler Rechte und Pf­lich­ten. Das be­deu­tet: Der Ver­brau­cher muss das aus dem ver­bun­de­nen Ge­schäft Er­langte an den Dar­le­hens­ge­ber (nicht an den Un­ter­neh­mer des ver­bun­de­nen Ge­schäfts) her­aus­ge­ben, der Dar­le­hens­ge­ber muss dem Ver­brau­cher da­für die ge­leis­te­ten Teil­zah­lun­gen und eine ggf. di­rekt vom Ver­brau­cher an den Un­ter­neh­mer ge­leis­tete An­zah­lung (je­weils ein­schließ­lich et­wai­ger Zin­sen) rück­er­stat­ten.

Das Ziel die­ser Son­der­re­ge­lung ist es, dem Ver­brau­cher die Rück­ab­wick­lung zu er­leich­tern und ihm einen mög­lichst sol­ven­ten Ver­tragspart­ner für die Rück­ab­wick­lung zu ge­wäh­ren. Ohne die Re­ge­lung müsste der Ver­brau­cher ei­ner­seits der Bank den Dar­le­hens­be­trag (Zug um Zug ge­gen Er­stat­tung der Zin­sen) zu­rück­er­stat­ten und an­de­rer­seits den von der Bank an den Un­ter­neh­mer ge­zahl­ten Kauf­preis vom Un­ter­neh­mer zu­rück­for­dern. Das wäre ein un­nö­ti­ges Hin- und Her­zah­len.

Un­ge­re­gelt ist das In­nen­ver­hält­nis von Dar­le­hens­ge­ber und Un­ter­neh­mer im Fall § 358 Abs. 4 S. 5 BGB:

  • Der Un­ter­neh­mer hat in die­sem Fall das Dar­le­hen be­reits vom Dar­le­hens­ge­ber er­hal­ten.
  • Der Dar­le­hens­ge­ber er­hält nun auf­grund von § 358 Abs. 4 S. 5 BGB vom Ver­brau­cher die Ware, kann da­mit aber in der Re­gel kaum et­was an­fan­gen (er ist ja Dar­le­hens­ge­ber und nicht Ver­käu­fer).

In der Pra­xis gibt es in der Re­gel einen ver­trag­lich be­grün­de­ten An­spruch zwi­schen Dar­le­hens­ge­ber und Un­ter­neh­mer. In der Klau­sur ist dies nicht zwin­gend der Fall. Dann bleibt nur der Rück­griff auf die all­ge­meine Nicht­leis­tungs­kon­dik­tion (§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Var. BGB).

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