1. Worüber entscheidet die Hauptversammlung?
a. Worum ging es in der Holzmüller-Entscheidung?
Im Jahr 1982 musste der BGH über eine Feststellungsklage eines Aktionärs über die Zustimmungspflicht der Hauptversammlung zu einer Strukturmaßnahme entscheiden. Dieser Fall betreffend die "Holzmüller AG" ist die Grundlage der ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenzen.
K war mit rund 8% an der Holzmüller-AG beteiligt, die neben dem laut Satzung zentralen Holzhandels- und Holzmaklergeschäft u.a. einen Seehafen betrieb. Dieser Hafen bildete faktisch den wertvollsten Betriebszweig. Der Vorstand gründete nun eine Komplementär-GmbH und eine KGaA, auf die er (ohne Rücksprache mit der Hauptversammlung) den gesamten Hafen mit allen Aktiva und Passiva übertrug. Die Holzmüller-AG war alleinige Gesellschafterin der GmbH und alleinige Aktionärin der KGaA. Hiergegen wandte sich K.
Der BGH stellte zunächst fest, dass aufgrund der erheblichen Bedeutung (in der Nähe einer Satzungsänderung) eine Pflicht zur Entscheidung durch die Hauptversammlung bestand. Die Ausgliederung als solche war jedoch wegen der unbeschränkbaren Vertretungsmacht des Vorstands (§ 82 AktG) wirksam. Auch einen Anspruch auf Rückübertragung lehnte der BGH unter Hinweis auf die ansonsten denkbare Umgehung der Anfechtungsfrist (§ 246 AktG) ab. Jedoch entschied der BGH, dass für wesentliche Maßnahmen in der Tochter (insbesondere Kapitalerhöhungen) stets ein Beschluss der Hauptversammlung der Muttergesellschaft erforderlich ist. Nur hierdurch könne der zu Unrecht begründete Mediatisierungseffekt wirksam bekämpft werden.
Heutzutage ist in der Holzmüller-Konstellation ein Rückgriff auf ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen nicht mehr erforderlich: Nach § 123 Abs. 3 UmwG ist eine sog. "Ausgliederung" ein Fall der Spaltung. Für diese ist nach § 125 UmwG i.V.m. § 13 Abs. 1 UmwG ausdrücklich eine Beteiligung der Hauptversammlung angeordnet. Allerdings greifen die Holzmüller-Grundsätze (ungeschriebene Pflicht zur HV-Beteiligung) weiterhin, wenn nicht ein Unternehmensteil insgesamt (im Wege der Gesamtrechtsnachfolge), sondern nur einzelne Gegenstände übertragen werden.